Die Erklärung des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann vor seinem Fraktionsausschluß im Wortlaut

 
Dreimal habe ich mich öffentlich entschuldigt. Die erste Entschuldigung war mit dem Büro der Parteivorsitzenden abgesprochen. Die zweite mit dem hessischen Landesvorsitzenden und die dritte mit Wolfgang Bosbach und Volker Kauder. Meine Entschuldigung hat der Fraktion bis in die letzten Tage ausgereicht. Ich bin davon ausgegangen, daß mit der seit dem 1. November strikt eingehaltenen Schweigeauflage und den jeweils gesteigerten Distanzierungen und Entschuldigungen ein gangbarer Weg gefunden war.

Von den Geschehnissen um General Günzel bin ich tief betroffen. Ich habe dem ausdrücklichen Versprechen des ZDF-Redakteurs Glauben geschenkt, daß der Name in gar keinem Falle bekannt gemacht wird. Ich habe sofort bei Herrn General Günzel angerufen. Er hat meine Entschuldigung akzeptiert.

Jetzt zu meiner Rede: Ich habe betonen wollen, daß die Taten der Bolschewisten dem jüdischen Volk nicht angerechnet werden können. Ich glaubte dies mit dem Kernsatz der Rede zum Ausdruck gebracht zu haben. Der Kernsatz der Rede lautet: "Weder die Deutschen noch die Juden sind ein Tätervolk." Nochmals: Ich wollte sagen, daß das jüdische Volk mit den Gräueltaten der Bolschewisten auch nicht im entferntesten identifiziert werden kann.

Entgegen diesem Kernsatz aber hat Herr Sonne am 30. Oktober bei den Tagesthemen erklärt: "Hohmann nennt Juden Tätervolk." Diese Meldung ist falsch. Mit dieser böswilligen Umdeutung hat der Redakteur den Medienskandal entfacht. Durch diese Falschdarstellung nahm das Ganze eine für uns alle verhängnisvolle Richtung und eine ungeahnte Dimension. Dies bedauere ich zutiefst. Mein Versuch, dem entgegenzutreten, ist gescheitert. Ansonsten habe ich eisern geschwiegen.

Ich habe mich immer gegen das Verschweigen der Naziverbrechen an den Juden gewandt. Als eine meiner ersten Aufgaben als Bürgermeister habe ich für die Wiederherstellung des jüdischen Friedhofs Sorge getragen. Als Leiter des Geschichtskreises habe ich veranlaßt, daß die Vertreibung und Ermordung der Juden meiner Heimatgemeinde Neuhof festgehalten, veröffentlicht und aufgearbeitet wurde.

In meiner Volkstrauertagsrede aus Anlaß der 50jährigen Wiederkehr der Reichspogromnacht habe ich 1988 die schweren Verbrechen der Nazis in den Mittelpunkt meiner Rede gestellt. Die Verbrechen habe ich anhand von Einzelbeispielen aus unserem Ort dargestellt und habe am Schluß meiner damaligen Rede die ermordeten Juden unserer Gemeinde namentlich aufgeführt. Diese Rede habe ich mit folgendem Satz beendet: Wenn es möglich ist, zu verzeihen und zu vergeben, dann möchte ich stellvertretend die Ermordeten heute um Vergebung bitten.

Im Bundestag habe ich in den letzten fünf Jahren als Berichterstatter für die Entschädigung von NS-Opfern loyal im Auftrag unserer Fraktion und im Sinne der NS-Opfer gearbeitet. Als einziger Bundestagsabgeordneter habe ich vor einem Jahr aus Anlaß des 50. Jahrestages der Gründung der Jewish Claims Conference bei der Gedenkfeier an Gleis 17 in Berlin-Grunewald teilgenommen. In meiner Bundestagsrede vom 6. Juni 2003 zum Staatsvertrag der Bundesrepublik mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland habe ich aus tiefster Überzeugung das Buch Genesis zitiert, um warnend die Unantastbarkeit der Juden hervorzuheben. Danach sagt Gott zu Abraham: "Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen. Ich will segnen, die dich segnen, wer dich verwünscht, den will ich verfluchen."

Daß ich nun öffentlich als jemand dastehe, der Juden in ihren Gefühlen verletzt und als Antisemit erscheint, trifft mich tief. Mein Anliegen war das Gegenteil. Auch meine Frau und meine Kinder leiden unter dem gegen mich erhobenen Vorwurf des Antisemitismus.

Mehrfach habe ich mich entschuldigt. Ich möchte alles tun, damit die von mir hervorgerufenen Verletzungen geheilt werden, und bitte nochmals um Verzeihung. Als Christ schließe ich mich mit vollem Herzen dem Sühnegebet des Papstes an, der im Jahr 2000 folgende Vergebensbitte gesprochen hatte: "Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, daß echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes."

Abschließend bitte ich, den Antrag auf Ausschluß aus der Fraktion zurückzunehmen.


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