Brief von Fritz Schenk am 01. Februar 2005

 
Verehrte Damen und Herren Mitstreiter unserer "Kritischen Initiative für Martin Hohmann"!

Dieser Brief hätte eigentlich vor Weihnachten und dem Jahreswechsel an Sie herausgehen sollen. Erstens wollte ich mich bei Ihnen wieder für Ihre ideelle wie materielle Unterstützung bedanken, Ihnen gleichzeitig meine besten Wünsche für das Neue Jahr übermitteln (was ich hiermit nachhole) und drittens über den Stand des "Falles Hohmann" und den unserer Aktivitäten berichten.

Ich beginne mit dem Letzteren: Dank Ihrer Unterstützung konnten wir Anfang Dezember wieder eine Serie von Anzeigen in FAZ, "Fuldaer Zeitung" und der "Jungen Freiheit" schalten und darin über den Beschluss des CDU-Bundesparteigerichts und das Abweichende Votum des Richters Friedrich Wilhelm Siebeke berichten. Obwohl dieser bisher einmalige Vorgang in der deutschen Parteiengeschichte eine politische wie rechtliche Sensation darstellt, ist das Gros der Presse darüber wieder mit Stillschweigen oder nichtssagenden Randnotizen hinweggegangen. Ausnehmen muss ich dabei wieder die Junge Freiheit und, mit einer gewissen Einschränkung, auch die FAZ und einige Zeitschriften. Das Sondervotum weist nämlich sehr eindeutig nach, dass der Parteiausschluss von Martin Hohmann aus mehreren Gründen unwirksam ist. Er widerspricht nämlich vor allem der innerparteilichen Rechts- wie Satzungsordnung der CDU, nicht minder aber allgemeinem wie dem Vereinsrecht.

Entsprechend seiner stets wiederholten Ankündigung, dass er den Ausschluss nicht hinnehmen und dagegen alle ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel einlegen wird, hat Martin Hohmann daher noch vor Jahresende Klage beim Landgericht Berlin eingereicht. Das Gericht soll feststellen, dass sein Ausschluss aus der CDU prinzipiell (und das sogar aus mehreren Gründen) rechtswidrig, damit unwirksam, und er folglich nach wie vor CDU-Mitglied ist. Das kopf- und politisch instinktlose Verhalten der gesamten Unionsführung, aber insbesondere der CDU, hat eine Lage geschaffen, die für die demokratische Sauberkeit und den rechtlichen Status der Parteien in Deutschland prinzipiell neue rechtliche Präzisierungen verlangt. Einfacher ausgedrückt: Es muss (notfalls vom höchsten deutschen Gericht) fest- und damit klargestellt werden, ob sich Parteien aus reinem Populismus und wegen rein taktischer Rechthabereien ihrer Führungen über grundsätzliche Rechtsnormen hinwegsetzen und für sich einen rechtlichen Sonderstatus oder gar rechtsfreie Räume beanspruchen dürfen.

Diesen neuen Sachverhalt mit den entsprechen Dokumenten, rechtlichen Kommentaren und fachlichen Würdigungen habe ich über die Feiertage zum Jahreswechsel 2004/05 in meine Dokumentation "Der Fall Hohmann" eingearbeitet. Verlag und Autor sprechen daher von einer "Neuauflage", die nun gegen Ende Februar erscheinen wird. Es würde den Rahmen dieses Briefes sprengen, wenn ich das Spektrum dieser neuen Entwicklung hier breiter erläutern wollte. Festhalten kann ich nur, dass die Dokumentation jetzt das gesamte Kompendium an Dokumenten enthält, das zur Beurteilung des Falles nach meinem Demokratie- und Rechtsverständnis unerlässlich ist.

Im übrigen dürfen wir uns einen beachtlichen Erfolg bereits jetzt schon durchaus zuschreiben. Wie sowohl aus dem Mehrheitsvotum des CDU-Bundesparteigerichts, insbesondere aber aus der Abweichenden Meinung des Richters Siebeke hervorgeht, haben unsere Initiative und die nach Tausenden zählenden namentlichen Bekenntnisse der Unterzeichner der Appelle das Gericht beschäftigt, meine Dokumentation hatte allen Richtern vorgelegen, wurde als Beweismittel dafür herangezogen, wie erheblich die Widerstände in der Union gegen das rigide Vorgehen ihrer Führung gegen vermeintlich "politisch unkorrekte" Zeitgenossen sind. Denn es geht bei diesem "Fall" nicht um die Abwehr der "Entsorgung" eines angeblich unbelehrbaren Konservativen oder gar "antisemitischen Hetzers" und eines als "verwirrt" diffamierten Generals, sondern um die Verteidigung und Wahrung der Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung der zweiten deutschen Demokratie. Ich meine, dass wir das vor allem unseren Kindern und Enkeln schuldig sind. So Sie es wünschen und mich dabei weiter unterstützen, werde ich unsere Initiative fortsetzen bis zur Rehabilitierung von Martin Hohmann und Reinhard Günzel.

Auf die vielen Anfragen (hauptsächlich von Unionsmitgliedern) nach möglichen konkreten Organisationsformen außerhalb der Union (etwa gar in einer neuen Partei) antworte ich mit meiner Ansicht: Ich halte es mit Martin Hohmann für wichtig, dass wir die Grundsätze von Rechtsstaatlichkeit, demokratischem Umgang miteinander und Erhaltung einer freiheitlichen, undogmatischen und einer dem Zeitgeist widerstehenden Streitkultur, innerhalb der Union ausfechten sollten. Ich weiß, wie schwer das sein wird. Aber: Wenn die Partei von Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Franz Josef Strauß, Eugen Gerstenmaier, Jacob Kaiser, Rainer Barzel, Kurt-Georg Kiesinger und den vielen streitbaren Vorbildern, die diese Union groß gemacht und uns an sie herangeführt haben, nicht wieder lernt, der Political Correctness zu widerstehen, wird unsere Demokratie auch nicht von neuen Gruppierungen gerettet, sondern im Sumpf großkoalitionärer Anpasserei verkommen. Diese Richtung ist schon vorgezeichnet. Ihr zu widerstehen und doch noch Wandel zu erzwingen, dazu bietet der "Fall Hohmann" durchaus eine Chance. Denn die populistischen Zeitgeistler haben sich in ihrer Selbstherrlichkeit überschätzt. Das Recht sollte und – davon bin ich überzeugt – wird sie in die Schranken weisen. Darauf sollten wir auch weiter unser Wirken konzentrieren.

Mit freundlichen Grüßen

Fritz Schenk


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