Brief von Fritz Schenk am 24. August 2004

 
Verehrte Mitstreiter, Unterstützer, Sympathisanten oder auch nur Interessierte an der Initiative "Kritische Solidarität mit Martin Hohmann"!

Die parlamentarische Sommerpause ist beendet, das mit ihr alljährlich verbundene obligatorische mediale "Sommertheater" noch nicht. Gerade in diesen Wochen vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und dem Saarland am 19. September bietet Deutschland ein gleichsam beschämendes wie lächerliches, von seinen Wirkungen her jedoch äußerst beängstigendes Bild. Obwohl wir inzwischen wirtschaftliches Schlusslicht in Europa sind, die Gefahr besteht, dass die deutsche Misere die gesamte Europäische Union mit nach unten zieht, betreibt das politische Bundes-Berlin Flickschusterei nicht gekannten Ausmaßes. Wahrscheinlich geht es Ihnen, meine verehrten Adressaten, nicht anders als mir: Man sträubt sich Rundfunk und Fernsehen einzuschalten (von den meisten Zeitungen, vor allem den "bunten Blättern", ganz zu schweigen), weil man das banale, gesunden Menschenverstand beleidigende Geschwätz der heutigen politischen Akteure, wie das der meisten sogenannten Berichterstatter und Kommentatoren, nicht mehr ertragen kann. Billige Schlagworte, Desinformation, meinungspolitische Manipulation und ideologische Indoktrination beherrschen die Medienszene.

So danke ich zunächst wieder für Ihre Zuschriften, vor allem für Ihre materielle wie ideelle Hilfe und entschuldige mich auch wieder dafür, dass ich dies nicht alles umgehend und individuell beantworten kann. Dieser Dank (wie schon in meinem Juli-Brief ausgedrückt) gilt vor allem der wohlwollenden Aufnahme (und Mitverbreitung) meines Buches "Der Fall Hohmann". Es ist schon ein (vorsichtig ausgedrückt) bemerkenswerter Vorgang, dass es fast von der gesamten Presse totgeschwiegen und, wie in totalitären Zeiten, vielfach nur "unter dem Ladentisch" verkauft wird. An meine Freunde und politischen Weggefährten aus der Hoch-Zeit des Kalten Krieges habe ich es mit der Widmung verschickt: "Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich auch im ‚freien Westen’ mal ein ‚Samisdat-Buch’ schreiben werde". (Die verbildeten Jüngeren wissen schon nicht mehr, was "Samisdat" überhaupt gewesen ist.) Umso wertvoller war – und ist noch immer – Ihre Unterstützung bei der Verbreitung der Wahrheit, denn vor allem darum geht es.

Seit Erscheinen der ersten Auflage (die inzwischen fast vergriffen ist) hat sich einiges getan, was nachzutragen ist. Neben der im Buch enthaltenen Mitteilung der Staatsanwaltschaft Fulda liegt inzwischen der komplette Text dieses Beschlusses vor, der in seiner rechtlichen Bedeutung und Klarheit noch weit über die im Buch (siehe S. 205 ff.) zitierte Mitteilung vom 5. Februar 2004 hinausgeht. Waren schon damit die Anzeigen des Zentralrats der Juden und einiger Nebenkläger gegen Martin Hohmann wegen Antisemitismus, Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener eindeutig abgewiesen, so hat inzwischen auch die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main die gegen den Fuldaer Beschluß eingelegte Beschwerde des Zentralrats der Juden verworfen. Da das Frankfurter Gerichtswesen insgesamt nicht gerade in dem "Geruch" von "Rechtslastigkeit" steht, haben dessen Begründungen mit verfassungsrechtlichen Fakten noch größeres Gewicht als der Fuldaer Beschluß. Auf der gleichen Linie liegt ein inzwischen ebenfalls ergangener Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gegen den "Stern" und den Verlag Gruner & Jahr, mit dem der Zeitschrift unter Strafandrohung untersagt wird zu publizieren, Hohmann habe die Juden als "Tätervolk" bezeichnet. Vor allem auf ein Argument möchte ich hinweisen: Unter Berufung auf einschlägige Beschlüsse des BVG weist die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt darauf hin, dass im Falle von missverständlichen, unklaren oder mehrdeutigen Aussagen das Gebot des Art. 5 GG (Presse-, Meinungs- und Redefreiheit) verlangt, immer die für den Beschuldigten "günstigste" Auslegung anzunehmen. Wenn dies also oberster Grundsatz allgemeinen Rechts ist, hat dies doch wohl auch und nicht zuletzt für innerorganisatorische Selbstverständlichkeiten von vereinsrechtlichen Gemeinschaften zu gelten, zu denen ja vor allem die politischen Parteien gehören. Es wäre also Pflicht der Unionsführung gewesen, sich mit allem Nachdruck vor ihr in und von der Öffentlichkeit zu Unrecht diffamiertes Mitglied zu stellen.

Ungeachtet dieser Entscheidungen hat das Landesparteigericht der hessischen CDU "im schriftlichen Verfahren"(!) Martin Hohmann am 16. Juli 2004 aus der CDU ausgeschlossen. Dieser "Beschluß" und seine "Begründung" sind ein Dokument der ganz besonderen Art. Das wird noch dadurch betont, dass er ausgerechnet am 20. Juli bekannt gegeben wurde, etwa zur gleichen Zeit, als im Berliner "Bendler-Block" in feierlicher Zeremonie dem 60. Jahrestag der Ermordung der mutigen Widerständler gegen Hitler gedacht wurde. Wer das "Dokument" der drei hessischen Partei-"Richter" liest und sich der "Verdammungs"-Begründungen Freislers gegen Stauffenberg und seine Mitverschwörer erinnert, dem kann, nein muss, vor dem rechtlichen Zustand unseres Staates und seiner ihn tragenden Parteien nur noch Angst und Bange werden.

Ich habe diese (und einige hier nicht erwähnte) Dokumente der neuen (zweiten) Auflage meines Hohmann-Buches angefügt. Sie soll in Kürze erscheinen. Herr Hohmann hat gegen seinen Partei- Auschluss vor dem Bundesparteigericht der CDU Revision beantragt. Ich gehe davon aus, dass er auch dort kein Recht zu erwarten hat. Er selber scheint das nicht anders zu sehen, auch wenn er bei öffentlichen Erklärungen wohlwollende Hoffnung durchblicken lässt. Wichtiger ist, dass er für den Fall der Bestätigung des Ausschlusses unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass er dagegen alle ordentlichen Rechtswege, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht, ausschöpfen will. Das dürfte sich über längere Zeit hinziehen. Insofern stellt die neue Auflage des Buches die dokumentarische Grundlage für die Beurteilung des weiteren Verlaufs dieses "Falles" dar.

Angesichts der geschilderten Sachlage ergibt sich für unsere "Initiative" die Frage des weiteren Vorgehens. Meine Empfehlung ist, sie fortzusetzen. Es geht um unsere Grundrechte. Martin Hohmann und Reinhard Günzel, den ich immer im gleichen Atemzug mit diesem "Fall" nenne, sind die herausragenden, öffentlich gewordenen Namen, an denen sich der Sitten- und Rechtsverfall gegenüber Grundwerten unserer Verfassung ausmacht, den wir alle nicht hinnehmen dürfen. Deshalb lautet der Schlußsatz in der Neuauflage meines Buches: "Jetzt allerdings heißt der Appell an Angela Merkel und Edmund Stoiber schon nicht mehr nur ‚Eine zweite Chance für Martin Hohmann’, sondern ‚Kehren Sie zurück zu den Grundwerten unserer Verfassung – rehabilitieren Sie Martin Hohmann und Reinhard Günzel!’".

Mit freundlichen Grüßen

Fritz Schenk


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