Erklärung von Fritz Schenk am 24. November 2003

 
Verehrte Parteifreunde und Mitunterzeichner unseres Appells
Kritische Solidarität mit Martin Hohmann
Wahrscheinlich geht es Ihnen nicht anders als mir: Wir haben aufregende, ja teilweise aufwühlende Tage hinter uns. Unsere Anzeige vom 14. November hat eine Flut von weiteren Unterschriften und sonstiger Zustimmung und Unterstützung ausgelöst, worauf wir zwar gehofft, doch nicht in diesem Ausmaß gerechnet hatten. Dies gab uns die Bestätigung, dass wir eben doch nicht die Einzigen sind und waren die glauben, noch Herr unserer deutschen Sprache zu sein. Daher noch einmal, worum es uns ging und auch weiterhin geht:
  1. Nachdem wir erst durch die massive Reaktion der Vorsitzenden Merkel und Stoiber auf die Rede Martin Hohmanns vom 3. Oktober aufmerksam gemacht worden waren, hatten wir uns – und zwar völlig unabhängig voneinander – mit ihrem Inhalt vertraut gemacht. Danach konnten wir in keiner Weise den beiden Hauptvorwürfen folgen: diese Rede sei in ihrer Grundaussage "antisemitisch", und sie bezeichne die Juden als "Tätervolk".
  2. Daher war für uns schon die Hohmann gegenüber ausgesprochene Rüge, erst Recht jedoch das Verfahren seines Ausschlusses aus der Bundestagsfraktion demokratisch nicht hinnehmbar und ist es bis heute nicht. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sich Herr Hohmann bis an die Grenze seiner Selbstentwürdigung dafür entschuldigt hatte, wenn diese Rede missverstanden worden sein und Gefühle – insbesondere unserer jüdischen Mitbürger – verletzt haben sollte. Vielen von uns ist Martin Hohmann auch persönlich so gut bekannt, dass wir ihm niemals und in keiner Weise Antisemitismus unterstellen würden – wie wir gleichzeitig in der schärfsten Form zurückweisen, auch uns wegen der bekundeten kritischen Solidarität in eine ähnliche Ecke stellen zu wollen.
  3. Unser Handeln ist bestimmt von der Achtung der freiheitlichen Normen unseres Grundgesetzes, die wir durch das Vorgehen gegen Martin Hohmann verletzt sehen. Wir werden das Recht, unsere "Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und (uns) aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten." (GG Art.5), mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Uns - von welcher Parteiinstanz auch immer - vorschreiben zu wollen, wie wir einen Redetext zu interpretieren haben, betrachten wir als Zensur, die nach dem gleichen Artikel des Grundgesetzes nicht stattfinden darf.
  4. Die uns völlig unverständliche, ja kopflose Reaktion der Führungen von CDU und CSU auf die Angriffe gegen Hohmann hat der Union schwer geschadet. Wir Unterzeichner des kritischen Solidaritätsappells wie alle, die auch nur im Mindesten Unverständnis für das Vorgehen gegen Hohmann bekunden, sehen sich in unseren Landes- und örtlichen Verbänden, kommunalen- oder Kreisparlamenten - und inzwischen bereits auch in ihren beruflichen Umfeldern - Angriffen von politischen Gegnern ausgesetzt, die uns "politisch verdächtig" und damit mundtot machen wollen und sollen.
  5. Die kopflose Handlungsweise der Unionsführungen ist vor allem eine unzumutbare Misstrauensbekundung gegenüber unserer gesamten Mitgliedschaft. Wie kann die Führung überhaupt Verdächtigungen aus den zweifelhaftesten Ecken unserer Gegner hinnehmen, in der Union gebe es Antisemiten? Wir sind Mitglieder der Partei Konrad Adenauers, der die größte Nachkriegsleistung zur langfristigen und unzerstörbaren Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden erbracht hat. Und hat diese Führung auch nur den Versuch gemacht, sich in die Verletzung der Gefühle jener Mitglieder und Wähler in der Region um Fulda zu versetzen, die Martin Hohmann mit höchsten Stimmenzahlen ihr Vertrauen geschenkt – und auch gerade jetzt nicht entzogen – haben?
  6. Daher beugen wir vor: Wir verwahren uns sowohl gegen unlautere politische Angriffe und Verdächtigungen hinsichtlich unserer Gesinnung (rechtsextrem, erzkonservativ, antisemitisch, neonazistisch) – wie dagegen, mit unseren Appellen der Union geschadet zu haben oder ihr schaden zu wollen. Deshalb lehnen wir es auch ab, die Union freiwillig zu verlassen. Wir handeln in dem guten Gefühl, der Union keinen Schaden zugefügt zu haben.

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